Prix des Lycéens Allemands
Ein Projekt des Leistungskurses Französisch
“Hallöchen!” rufe ich fröhlich und platze in Frau Behrendts Französisch-Leistungskurs hinein.
“Frau Behrendt hat mir erzählt, ihr macht hier irgendsoein tolles Projekt, und darüber will ich jetzt was schreiben. Erzählt doch mal. Was ist das denn für ein Projekt?”
Äußerst würdevoll lasse ich mich hinters Lehrerpult plumpsen. Ist doch auch mal ganz schön, denke ich mir, hier als Erstsemester vor lauer Drittsemestern zu sitzen. Ich kann kaum an mich halten, ein: “Arbeitshefte raus, Kinder! Wir schreiben ein Diktat!” herauszuposaunen.Der Prix des Lycéens Allemands (dt. Preis der deutschen Schüler) ist eine Aktion des Institut Français und des Klett Verlags, bei der es darum geht, deutschen Schülern moderne Frankophone Literatur näher zu bringen. Das hört sich vielleicht erstmal ein bisschen zäh an, ist es aber nicht.
Den Schülern stehen vier Bücher zur Auswahl, eines davon wird zum Sieger bestimmt. Die Stimmen der verschiedenen Schulen werden dann ausgezählt, sodass erst für ganz Berlin und dann deutschlandweit das Siegerbuch ermittelt wird.
Außerdem haben die Schüler im Rahmen des Projekts die Möglichkeit, einen der vier Autoren, in unserem Fall Jean-Paul Nozière, den Autor von Camp Paradis, zu treffen und ihm Fragen zu Buch und Beruf zu stellen.
Meinen Neid an dieser Stelle kann man sich bildlich vorstellen.Den Preis gedachte unser Kurs dem Buch La fille rêvait d’embrasser Bonnie Parker (dt. “Das Mädchen, das davon träumte, Bonnie Parker zu küssen”) zu.
“Und worum geht’s da?”
“Na, um ein Mädchen, das merkt, das sie lesbisch ist, und darum, wie ihr Umfeld so darauf reagiert.”
Klingt spannend, finde ich. Dumm nur, dass ich nichts verstehen werde, wenn ich versuche es zu lesen.
Gewidmet ist das Buch übrigens den Opfern eines Amoklaufs auf ein Jugendzentrum für Homosexuelle in Tel-Aviv.Zum Lesen wurde der Kurs dann in Gruppen aufgeteilt: Jede Gruppe bekam ein Buch zugeordnet und präsentierte es vor der Klasse, anstelle einer Klausur. Das ist ja an sich eine feine Sache, trotzdem wird Kritik geäußert:
So eine Buchpräsentation sei schon aufwendiger als eine Klausur, das ist ja klar. Und schade sei es trotzdem, dass man nicht alle Bücher hätte lesen können.
Letztendlich überwiegt dann aber doch das positive Feedback, denn: “Gruppenarbeit macht immer Spaß und es ist schön, mal ein modernes Buch zu lesen, mit Jugendsprache und so.”Nur eine Frage stellt sich mir noch, die offen bleibt:
Warum gibt es sowas eigentlich nicht in meinem Englisch-Leistungskurs?
Lisa Starogardzki, 1. Semester